Die Entwicklung der Mercedes-Benz Baureihe W123
 

Mit dem Produktionsbeginn der erfolgreichen /8-Modellreihe (sprich »Strich-Acht«) im Jahre 1968 setzte unverzüglich die Entwicklung der Nachfolger-Baureihe ein. Das Lastenheft war in drei Hauptgruppen gegliedert:

 

·         Verbesserte Sicherheit in allen Bereichen,

·         erhöhter Komfort und

·         erweiterte Servicefreundlichkeit.

 

Die Außenabmessungen und Innenraummaße sollten in etwa denen der Baumusterfamilie W114/115 entsprechen, wobei allerdings eine Vergrößerung der Kopffreiheit im gesamten Interieur Bedingung war. Stilistisch wurde eine gemäßigte Aktualisierung angestrebt. Triebwerkstechnisch waren nur Überarbeitungen vorgegeben. Dagegen sollte der Führung der Vorderräder erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt werden. Mochten diese Zielvorstellungen bescheiden erscheinen – mit der »Neuen Generation« war eine Modellreihe auf dem Markt, die in jeglicher Hinsicht auf längere Zeit keiner tiefgreifenden Verbesserung bedurfte: Ein rundum geglücktes, klares Styling, eine Schräglenker-Hinterachse auf der Höhe ihrer Zeit und eine bewährte Triebwerkspalette, deren Abrundung sich bei den Sechszylindern und den Dieseln bald abzeichnete, waren Meilensteine für die siebziger Jahre, die für den W123 bereits auf der Aktivaseite standen.


Im Herbst 1973 befanden sich die ersten Erlkönige der /8-Folgegeneration im Straßenversuch. Abgesehen von langwierigen, aber letztlich routinemäßigen Abstimmungsarbeiten am Fahrwerk – besonders an der neuen Vorderradaufhängung – war das Auto im Frühjahr 1974 so gut wie serienreif. Der Produktionsanlauf drängte aber in keiner Weise und hätte auch den bei Daimler-Benz üblichen Modellwechsel-Rhythmus von sieben bis acht Jahren gestört. Für eine Ablösung der Mittelklassewagen bestand auch keinerlei Notwendigkeit: Die /8-Modelle verkauften sich trotz Energiekrise nach wie vor bestens, bei den Dieseln der Reihe W115 war gar eine stetig steigende Nachfrage zu verzeichnen.


Im Juli 1975 wurde eine 60 Einheiten umfassende Vorserie der Baureihe W123 aufgelegt, um die Produktionseinrichtungen vorzubereiten. Am 28. Januar 1976 erfolgte die offizielle Vorstellung vor der Fachpresse – nicht unbedingt die automobile Sensation des Jahres, aber immerhin die Präsentation einer noch abgerundeter und harmonischer wirkenden Limousine, die das Zeug zum Erfolgsmodell hatte und dazu ausersehen war, die Führungsposition von Daimler-Benz in der gehobenen Mittelklasse weiter auszubauen. Für das Gros der Modellreihe begann die Serienfertigung im Februar 1976, Ausnahmen bildeten allein die Sechszylinder: Während sich die beiden 2,8-Liter bereits seit Dezember 1975 in Produktion befanden, lief der motorisch am weitestgehenden überarbeitete 250 erst ab April 1976 vom Band. Der Aufbau der Typenfamilie W123 entsprach im wesentlichen dem der alten Generation: Die Vierzylinder-Benziner 200 und 230 waren ebenso im Programm verblieben wie die Diesel 200 D, 220 D, 240 D und schließlich der 300D – der Fünfzylinder hatte nun eine logischere Typenbezeichnung erhalten (beim /8 noch 240D 3.0). Bei den Sechszylindermotoren hatte man eine Straffung der Palette vorgenommen: Während die Doppelnockenwellen-280er mit Vergaser und Einspritzung im wesentlichen unverändert übernommen worden waren, nahm der 250 nun die Stelle des alten 230.6 ein und war in puncto Image einen Halbtonschritt tiefer angesiedelt als sein Namensvetter der /8-Reihe. Die W123-Typen erwiesen sich innerhalb kürzester Zeit als Volltreffer. Sie harmonierten mit dem Publikumsgeschmack derart deckungsgleich, daß zunächst mehrjährige Lieferfristen unvermeidlich waren und Jahreswagen von Werksangehörigen sogar über dem jeweiligen Neuwagen-Listenpreis gehandelt wurden.
 

In ihren Abmessungen hatten sich die Neuen nicht allzu weit von den Vorgängern entfernt. Der Radstand hatte um 4 cm, die Wagenlänge um 4,5 cm zugenommen. Der Zuwachs in der Breite war mit 1,6 cm unerheblich, und die Wagenhöhe war praktisch gleich geblieben. Dennoch sahen die neuen Mittelklassewagen weniger kompakt aus als ihre Vorgänger, sie wirkten wesentlich breiter und länger – eine Folge des geschickten, die Horizontale wiederum stärker betonenden Styling. Die Formgebung der neuen Limousinen verkörperte einerseits noch deutliche Reminiszenzen an die W114/115-Typen, andererseits war eine formale Annäherung an die S-Klasse-Modelle des Baumusters W116 unverkennbar, wenn auch die Keilform hier nur zart angedeutet in Erscheinung trat.
 

Die Frontalansicht der W123-Modelle wirkte durch die waagrecht angeordneten Leuchteinheiten stark horizontal betont. Die Motorhaube konnte dadurch flacher gehalten werden als beim »Strich-Acht«, und die beim Vorgänger – bedingt durch die senkrecht stehenden Scheinwerfer – immerhin noch deutlich konturierten Vorderkotflügel waren flachen, in der Silhouette völlig bündigen Seitenteilen gewichen. Während die Leuchten der Spitzenmodelle 280 und 280 E Halogen-Rechteckscheinwerfer mit integrierten Nebellampen umfaßten und denen der größeren W116-Modelle nachempfunden waren, erhielten die übrigen Typen Rundscheinwerfer (umgangssprachlich »Ochsenaugen« genannt). Zwei ungleich große Haupt- und Nebellampen waren unter einer gemeinsamen Glasverkleidung angebracht, die ein problemloses Sauberhalten durch die wahlweise erhältliche Wisch-Wasch-Anlage ermöglichte. Nachdem ohnehin ein beträchtlicher Anteil der schwächer motorisierten Wagen – sei es aus Prestigegründen, ästhetischem Empfinden oder wegen der besseren Fahrbahnausleuchtung – nachträglich mit den Rechteckscheinwerfern umgerüstet wurden, eliminierte man dieses Unterscheidungsmerkmal Anfang September 1982 und stattete alle Versionen mit den Breitbandleuchten aus. Die Scheinwerfereinstellung war bei allen Modellen zunächst manuell im Motorraum, ab Januar 1979 pneumatisch im Innenraum an die jeweilige Belastung des Fahrzeugs anpaßbar. Bei allen Ausführungen waren große, um die Karosserieecken gezogene Blinker integrative Bestandteile der Scheinwerfer.


Die nach wie vor traditionell geformte Kühlermaske zeigte sich in ihren Konturen gegenüber der zweiten Auflage der »Strich-Acht« -Modelle unverändert, wies aber einen in der Tiefe zierlicheren Edelstahlrahmen auf. Der kippbare Stern saß nun nicht mehr auf einer Kühlerverschluß-Imitation, sondern – analog zur Baureihe W116 – mit seinem Gelenkfuß direkt in einer Vertiefung der Maske. Das innere Kunststoffschutzgitter war nicht mehr großkariert, sondern bestand aus horizontal angeordneten Stäben. Die dreiteiligen Edelstahlstoßstangen besaßen kräftige Gummieinsätze. Bei der bis zum 250 aufsteigenden Modellinie wiesen sie an den Ecken schwarze Abdeckungen aus Integralschaum auf, während sie bei den 280ern bis an die vorderen Radausschnitte herangeführt waren.
Die Motorhaube konnte beim W123 zusätzlich zur üblichen Schrägstellung auch senkrecht arretiert werden. Damit wurde nicht nur die Kollision von Mechaniker- und Heimwerkerköpfen mit der Kühlermaske vermeidbar – auch die zeitraubende Demontage beim Aus- und Einbau des Motors entfiel, denn durch den Wegfall des Fahrschemels verließen Mercedes-Triebwerke nun auf herkömmliche Weise ihren Platz nach oben. Auch die Entriegelung der Motorhaube war vereinfacht worden: Nach Betätigen des Haubenzuges unter der Instrumententafel schob sich ein elastischer Zuggriff aus dem Kühlergrill, mit dem die Sicherungsklinke gelöst werden konnte. Die Windschutzscheibe war noch um eine Idee stärker geneigt als beim Vorgänger, besaß aber in etwa die gleiche Fläche. Dagegen war das Wischerfeld beträchtlich vergrößert worden: Die gleichlaufenden Scheibenwischer, die die »Schmetterlings-Anordnung« beim W114/115 ablösten, bestrichen ein Scheibensegment von 78 Prozent.


In der seitlichen Perspektive war eine stilistische Verwandtschaft zum »Strich-Acht« unverkennbar – in der Presse wurde gar die formale Ähnlichkeit mit dem Vorgängermodell kritisiert. In der Tat hatte noch keine Mercedes-Benz-Neuentwicklung nach dem Kriege bezüglich des Designs so viel Familienähnlichkeit bewahrt wie der W123: Besonders die Dachpartie, aber auch die Proportionen der Fahrgastzelle ließen auf den ersten Blick eine Weiterverwendung der Preßformen des Vorgängermodells vermuten. Dennoch war kein einziges Blechteil vom 114/115 übernommen worden. Ein unmerkliches Ansteigen der Gürtellinie zur C-Säule hin war neben der konvex verlaufenden Seitenzierleiste die einzige Konzession an die Keilform, die längst en vogue war. Der als Sicherheitszelle ausgebildete Aufbau war in seiner Belastungsstatik dem bereits als überdurchschnittlich formstabil geltenden Fahrgastraum des Vorgängers überlegen: Eine erhöhte Seitensteifigkeit und eine Verstärkung der Dachstruktur durch Querschnittsvergrößerung der tragenden Profile boten eine vorbildliche Überrollfestigkeit. Trotz zierlicherer Ausbildung waren die A-, B- und C-Säulen belastbarer konzipiert. Die verbesserte Seitendruckfestigkeit der Türen und ein zusätzlicher Querträger unterhalb der Vordersitze boten wirksamen Schutz bei Seitenaufprall. Bei den Türgriffen entfiel der Druckknopf – zum Öffnen war nun keine gegenläufige Handbewegung mehr nötig, sondern lediglich das Ziehen eines ergonomisch griffgerecht gestalteten Bügels analog zur S-Klasse W116. Die seitlichen Einstiegsleisten wiesen nun ein schmutzabweisendes Profil auf, bei dem die Türen die Schweller überlappten und so verhinderten, daß die Beine der Insassen beim Ein- oder Aussteigen mit angespritztem Straßendreck in Berührung kamen.


Die Heckgestaltung wurde von den deutlich verbreiterten Rückleuchten beherrscht, die schmutzunempfindliche, stark profilierte Deckgläser trugen. Die linke Leuchteinheit besaß serienmäßig ein Nebelschlußlicht. Über der ab Herbst 1976 endlich in Serie heizbar ausgeführten Heckscheibe leitete nun eine Regenrinne das Schmutzwasser ab. Die hinteren Stoßstangen waren bei allen Ausführungen weiter zu den Radausschnitten hingezogen als bei den Hauptmodellen der »Strich-Acht« -Reihe. Der gewiß nicht kleine Kofferraum jener Modellfamilie konnte beim W123 großflächiger gestaltet werden und erhielt so nach der Anzahl der Gepäckstücke eine effektivere Ladekapazität, wenn auch das Gesamtvolumen (knapp 500 Liter) nur wenig zugenommen hatte. Grund für die verbesserte Raumeinteilung war das von der rechten Mulde nun waagrecht unter den Kofferraumboden versetzte Reserverad, dessen verschlechterte Zugänglichkeit man ohne weiteres mit der statistisch unerheblichen Wahrscheinlichkeit einer Reifenpanne entschuldigen konnte. Auch die Verlegung des Kraftstofftanks außerhalb des Heckaufprallbereichs über die Hinterachse trug dazu bei. Erfreulich – vor allem für einkaufende Hausfrauen – war die angenehm niedrige Ladekante.


Das äußere Erscheinungsbild der Hundertdreiundzwanziger wandelte sich im Laufe der Produktionszeit nur unwesentlich. Erst im September 1982 wurden einige von außen erkennbare Verbesserungen eingeführt: Das Profil der Schmutzabweisblenden an den A-Säulen wurde geändert, die Hecksäulenblenden wurden ebenfalls modifiziert, um die Windgeräusche zu vermindern. Weniger augenfällig, dafür um so wirksamer waren die mehrfach verbesserten Korrosionsschutzmaßnahmen. Bereits ab Spätherbst 1976 wurden alle Schweißnähte am Wagenkörper PVC-beschichtet. Ab Herbst 1978 wurden die Unterseiten der vorderen Radkästen durch verschraubte Plastikschalen gegen Steinschlag und Schmutzansammlungen geschützt. Im Zuge der Modellpflege unterzog man die teilweise verzinkten Karosseriebleche stetig erweiterten Rostschutzmaßnahmen. An der Bodengruppe kamen zuletzt acht verschiedene Vorsorgebehandlungen zum Einsatz, von der Tauchgrundierung bis zur Wachsbeschichtung. Die nachträgliche Hohlraumkonservierung oder saisonale Versiegelung des Unterbodens erübrigte sich für den W123-Besitzer.


Die Änderungen, die den Innenraum der Hundertdreiundzwanziger im Vergleich zu ihren Vorgängern betrafen, waren markanter als das Re-Styling der Karosserie. Die Abmessungen der Sitze waren zwar im wesentlichen beibehalten worden, stärkere Wölbungen der Rückenlehnen verbesserten jedoch die Seitenführung. Ab September 1982 wurde durch entsprechende Kehlungen der Vordersitzlehnen die Beinfreiheit der Fondpassagiere vergrößert. Gleichzeitig erhielt die Rücksitzbank zwei ausgeprägte Sitzmulden, die für erhöhten Seitenhalt sorgten, ohne den fünften Fahrgast eine zu unkomfortable Sitzposition erleiden zu lassen. Bei den beiden Spitzenmodellen war der Fahrersitz mit einer Höhenverstellung ausgerüstet, die auch für die übrigen Typen zunächst wahlweise erhältlich war, ab 1977 aber zur Serienausstattung zählte. Nach wie vor wurde die Neigung der Rückenlehnen mit Handrädern an den Ruhesitzbeschlägen eingestellt –nicht unbedingt die bequemste und praktischste Lösung, wenn man sie beispielsweise mit dem Schnellarretierhebel beim Volvo vergleicht. An den Vordersitzen waren serienmäßig Kopfstützen montiert, deren Konturen ab Herbst 1982 schlanker wurden, um den Sichtwinkel zur Heckscheibe zu vergrößern. Ab jenem Zeitpunkt wurden sie außerdem durch einen Aluminiumrahmen versteift. Für die Hinterbänkler waren Kopfstützen gegen Aufpreis lieferbar. Die in Grundausstattung in Stoff mit Kunstledereinfassung gelieferten Polster konnten gegen Mehrpreis in den üblichen gehobenen Abstufungen Vollkunstleder (MB-Tex), Leder und Velours bezogen werden. Im Herbst 1982 wurde ebenfalls ein Teil der sechs Ausstattungsfarben geändert. Bei Grundausführung waren nun auch die Seitenbacken der Sitze mit Stoff bezogen. Gleichzeitig wurden die Geflechtimitation und das bei 280 und 280 E verwendete Rhombenmuster von einem einheitlichen Streifendessin abgelöst.


Das Armaturenbrett der neuen Modellreihe war stark überarbeitet worden und entsprach in der räumlichen Aufteilung dem der S-Klasse W116. Die Instrumentenkonsole im Blickfeld des Fahrers umfaßte ein Kombiinstrument mit Tankinhaltsanzeige, Kühlmittelthermometer und Öldruckmesser. Im September 1982 kam bei den Modellen mit Ottomotor als vierte Skala eine mehr dem Zeitgeist entsprechende als wirklich sinnvolle Wirtschaftlichkeitsanzeige hinzu, deren Zeiger sich in einem ungegliederten Feld bewegte. Der in der Mitte liegende große Tacho war bei den Vierzylinder-Dieseln bis 160 km/h, beim 300 D bis 180 km/h, bei den normalen Benzinern bis 200 km/h und bei den beiden 2,8-Liter-dohc-Benzinern (double overhead camshaft = doppelte obenliegende Nockenwelle) bis 220 km/h kalibriert. Die rechts vom Tacho plazierte elektrische Zeituhr konnte vorerst nicht mehr durch einen Drehzahlmesser ersetzt werden – ein Tourenzähler war erst später als Sonderausrüstung lieferbar. Die Ablesbarkeit der Instrumente war wiederum verbessert worden: Die konkaven Deckgläser der mattschwarzen Skalen waren so geneigt, daß selbst unter ungünstigen Lichtverhältnissen keine irritierenden Spiegelungen auftraten. Unterhalb der Instrumentenkonsole waren sämtliche durch beleuchtete Symbole markierte Kontrolleuchten angeordnet: Fernlicht, Ladekontrolleuchte, Bremsbelag-Verschleißanzeige für die vorderen Bremsbeläge, Warnlicht für Feststellbremse und Bremsflüssigkeitsvorrat, bei den Dieseln der Glühüberwacher sowie die Fahrstufenanzeige bei Plazierung des Automatik-Wählhebels am Lenkrad.


Der von jeher sinnvoll bestückte und links unter dem Lenkrad griffgerecht positionierte Kombischalter war in seinen Funktionen verbessert worden. Blinkleuchten, Umschaltung Abblend-/Fernlicht und Lichthupe wurden wie bisher ausgelöst, dagegen setzte man die Scheibenwischer nun durch Drehen des Steuerkopfes in Gang. Diese radiale Regelung umfaßte drei Betriebsstufen: Intervallwischen, normale und erhöhte Wischergeschwindigkeit. Dadurch entfiel der zusätzliche kleine Kippschalter des Vormodells. Das Drücken des Schalterkopfes löste nun den elektrischen Scheibenwascher aus, der die anfällige Fußbetätigung der Pumpe aus dem Vorgänger ablöste. Nach dem Sprühvorgang wurden – vom Intervallrelais gesteuert – automatisch die Wischer in Bewegung gesetzt. Eine wesentliche Verbesserung verkörperte der neukonzipierte große Lichtschalter links an der Unterkante der Armaturentafel, der nun – im Gegensatz zur bisherigen, einige Fingergymnastik erfordernden Praxis – mühelos zu bedienen war und dem bei der S-Klasse seit 1972 verwendeten Bauteil entsprach. Mit der ersten Zugstufe wurden die Nebelscheinwerfer zugeschaltet, die zweite Zugraste betätigte die Nebelrückleuchte, deren Funktion durch die im Knebelgriff integrierte Kontrolleuchte überwacht werden konnte. Ab Herbst 1976 erinnerte ein Warnsummer an das Ausschalten der Scheinwerfer beim Abziehen des Zündschlüssels.


Im Grunde unverändert blieb vorerst das Vierspeichen-Sicherheitslenkrad mit der breiten Polsterplatte, die an den Seiten Hupkontakte aufwies. Im Herbst 1979 wurde der Lenkraddurchmesser um einen Zentimeter reduziert. Die gesamte Armaturenanlage war in ihrer statischen Berechnung energieabsorbierend ausgeführt, PVC-beschichtet und im ganzen glattflächiger gestaltet als bei den Vorgängern. Das Handschuhfach war voluminöser geworden, zusätzlich standen nach wie vor – allerdings wesentlich stabiler konstituierte – Ablagetaschen in den Vordertüren zur Verfügung. Über die Breite der Armaturentafel lief ein Zierstreifen, der beim Gros der Typen aus Kunstleder in der Ausstattungsfarbe, bei den 2,8-Liter-Spitzenmodellen aus Zebrano-Furnier bestand. Ein bis zum Wagenboden reichender Knieschutz bewahrte an der Armaturenbrett-Unterkante vor Knieverletzungen im Kollisionsfall. Vor der Windschutzscheibe waren an den A-Säulen zwei 10 cm- Lautsprecheröffnungen vorgesehen, deren Abstrahlrichtung nach oben wies. Die beiden Sonnenblenden waren organisch in die geschäumte Verkleidung der Windschutzscheibenoberkante versenkt. Eine ebenso gelungene Lösung stellte der in einer Aussparung der Hutablage untergebrachte Verbandkasten dar. Die vorderen Dreipunkt-Automatik-Sicherheitsgurte waren in die Mittelsäulen integriert. Zum Modelljahr 1980 wurde auch die Rücksitzbank serienmäßig mit Gurten ausgerüstet. Drei Jahre später gab es auch für die Mittelklasse für knapp 1800 Mark Aufpreis den im Lenkrad integrierten Airbag mit beifahrerseitigem Gurtstrammer.


Die Mittelkonsole bot Raum zum Einbau eines Radiogeräts und Montagemöglichkeit für diverse Kippschalter. Ein voluminöser Kipp-Ascher fand dort ebenso seinen Platz wie die Regelelemente des Heizungs- und Belüftungssystems. Ab September 1982 war die Konsole beim Topmodell 280 E mit Zebranoholz furniert, bei den Coupés allerdings schon von Anfang an. Zu diesem Zeitpunkt gab es für alle Ausführungen neugestaltete, griffgünstigere Fensterkurbeln und ein Verzögerungsrelais für die Innenbeleuchtung, das dem Fahrer nachts die Suche des Zündschlosses erleichterte. Auf Wunsch war ein Stahlschiebedach mit mechanischer oder elektrischer Betätigung lieferbar. Ebenfalls gegen Aufpreis konnten die W123-Typen mit einer Unterdruck-Zentralverriegelung ausgerüstet werden, die vom Fahrertürschloß gesteuert wurde und Türen, Tankdeckel und Kofferraum auf- bzw. abschloß. Die hubraumstärkeren Diesel und Benziner mit Fünf- bzw. Sechszylindermotor konnten mit dem Tempomat geordert werden. Die Regelelektronik dieses Systems gewährleistete ein Konstanthalten jeder Geschwindigkeit über 40 km/h, die über den Vierweg-Stellhebel am Lenkrad fixiert worden war, ungeachtet der Fahrbahnbeschaffenheit und ohne Betätigen des Fahrpedals.


Der Wirkung von Heizung und Belüftung war wiederum ein hoher Grad an Aufmerksamkeit geschenkt worden. Wie bei Daimler-Benz üblich, waren Warm- und Frischluftzufuhr für Fahrer- und Beifahrerseite getrennt regulierbar. Die neuentwickelten Bedienungselemente umfaßten je einen Heizungsdrehschalter pro Wagenseite, den Luftmengenregler, der die Hauptluftklappe und das dreistufige, nunmehr wesentlich geräuschärmere Radialgebläse steuerte, und den Luftverteilungshebel. In der Mitte und an den Seiten der Armaturenanlage waren insgesamt vier Frischluftdüsen eingelassen, die jeweils getrennt geöffnet und geschlossen werden konnten. Die Dauerentlüftung des Innenraums erfolgte über einen Schlitz unter der Heckscheibe und Känale zu den verblendeten Austrittsöffnungen in den C-Säulen. Gegen Aufpreis war eine Klimaanlage kompakter Bauweise – bei der Wärmetauscher und Verdampfer ein gemeinsames Bauteil bildeten – lieferbar.


Die Fahrwerkskonzeption der Baureihe W123 entsprach dem bewährten Mercedes-Standard: ringsum Einzelradaufhängung mit Schraubenfedern, sorgfaltig abgestimmt. Bezüglich der Hinterachse, die erst 1968 bei den /8-Modellen eingeführt worden war, bestand natürlich keinerlei Notwendigkeit einer Weiterentwicklung. Lediglich geringfügige Formänderungen des bumerangartigen Achsträgers und des Drehstabstabilisators waren aus Einbaugründen – die Verlegung des Benzintanks über die Hinterachse spielte dabei eine wesentliche Rolle – unabdingbar. Wegen der bei hohen Geschwindigkeiten und voller Beladung nicht immer tadelfreien Richtungsstabilität – beispielsweise zeigten sich die Wagen unter diesen Umständen erhöht seitenwindempfindlich – wurde die Hinterachsgeometrie im Juni 1977 neu abgestimmt.


Neues gab es bei der Vorderachse: Seit der Modellreihe W114/115 hatte man zum zweiten Mal nacheinander eine weitgehende Fortentwicklung vollzogen. In Anlehnung an die Vorderradaufhängung der S-Klasse W116 war der als »Fahrschemel« bezeichnete Vorderachsträger aufgegeben worden. Stattdessen waren alle Elemente mit elastischen Lagern direkt mit Rahmenbodenanlage und Aufbau verbunden. Dadurch konnte die Radführung präzise gehalten werden. Die geschmiedeten unteren Querlenker besaßen eine sehr breite Basis, stützten sich aber im Gegensatz zur S-Klasse ohne Querjoch direkt am Karosserievorbau ab. Die oberen Querlenker waren wie beim W116 am Drehstabilisator, der wiederum an der Karosserie gelagert war, angelenkt. Neu für die Mercedes-Mittelklasse waren der progressive Bremsnickausgleich und der Lenkrollradius Null, bei dem sich die Radmittelachse und die gedachte Verbindungslinie der oberen und unteren Trag- und Führungsgelenke im Reifenaufstandspunkt schnitten. Geradeauslauf und Richtungsstabilität auch bei scharfem Bremsen konnten damit spürbar verbessert werden. Die Achsschenkel waren keinerlei Drehmomenten unterworfen, ein Korrigieren der Lenkung – etwa bei schlechter Fahrbahnbeschaffenheit – beschränkte sich auf einsame Extremfälle.


Die Kugelumlauflenkung des Typs L1 Z, die mit drei Lenkradumdrehungen von Anschlag zu Anschlag ausreichend direkt übersetzt war, wurde beibehalten. Die Modelle 280, 280 E und 300 D erhielten serienmäßig die bewährte Servolenkung LSE090, die unbestritten zu den besten auf dem internationalen Automarkt gehörte, und durch ihre progressive Wirkungsweise stets den nötigen Fahrbahnkontakt vermittelte. Ab September 1978 zählte die Servolenkung auch beim 250 zur Grundausstattung. Erst ab September 1982 wurde die gesamte Modellreihe grundsätzlich damit ausgeliefert.
Die Baureihe W123 erhielt eine neukonzipierte Sicherheitslenksäule: Das Mantelrohr war kürzer geworden, ein Wellrohr ersetzte die Teleskopanordnung. Dadurch war im Falle eines Frontalaufpralls nicht nur ein Zusammenschieben, sondern auch ein seitliches Ausknicken dieses Übertragungsteils möglich. Diese axiale und radiale Verschiebbarkeit eliminierte auch bei Schrägkollisionen ein Eindringen der Lenksäule in den Fahrgastraum. Dazu trug auch die Anordnung des Lenkgetriebes hinter der Vorderachse bei.


Erstmals wurde eine Mercedes-Mittelklassereihe von vorneherein serienmäßig mit Gürtelreifen bestückt, wobei allerdings nicht übersehen werden soll, daß sich die Fahrwerke in alter Tradition des Hauses als fabrikatempfindlich erwiesen. Bei Nachrüstung empfiehlt sich ein Studium der Freigabeliste des Werks und entsprechender Testveröffentlichungen in Fachzeitschriften. Wie schon bei den Vorgängermodellen bewährten sich die Michelin-Reifen der Typen zX bzw. XZX und XVS beim W123 hervorragend – sowohl hinsichtlich Fahrkomfort und Schräglaufwinkel als auch bezüglich der Lebensdauer der Pneus. Einer alten Mercedes-Sitte folgend, waren auch die Hundertdreiundzwanziger so knapp wie nur möglich bereift: 175R14 für die aufsteigende Linie bis zum 250 und 195/70HR14 für die beiden 2,8-Liter-Limousinen, alle T-Modelle und Coupés stellten wenig großzügig bemessene Dimensionen dar. Als paradox mußte erscheinen, daß der 250 bis einschließlich Baujahr 1979 mit bis 180 km/h zugelassenen SR-Reifen bestückt wurde, die zwar gemäß Höchstgeschwindigkeitsangabe des Fahrzeugherstellers gesetzlich gerade noch vertretbar, de facto aber den erfahrungsgemäß bis über 185 km/h streuenden Spitzen nicht mehr ganz angemessen waren. Mit Erscheinen des annähernd gleichschnellen 230 E wurde auch der 250 mit höherklassigen HR-Reifen ausgerüstet, bis er ab Modelljahr 1982 dann schließlich die Serie-70-Pneus der Spitzenmodelle erhielt und damit endlich auf staturgerechten Sohlen stand. Gegen beträchtlichen Aufpreis gab es auch beim W123 die formvollendeten, geschmiedeten Fuchs-Leichtmetallräder, die auch unter dem Namen Barockfelgen bekannt wurden.


Die Bremsen entsprachen im Prinzip der seit einem Jahrzehnt üblichen Bauart: Scheibenbremsen an allen vier Rädern, betätigt durch ein Zweikreissystem mit getrennten Druckölkreisen für Vorder- und Hinterachse. Aber auch hier waren Verbesserungen zu verzeichnen: Ein Stufen-Hauptbremszylinder verstärkte beim Ausfall eines Bremskreises die Bremswirkung des anderen. Die Bremsleitungen waren nun kunststoffbeschichtet, um die Außenkorrosion zu vermindern. Die Bremsbelag-Verschleißkontrolle machte eine regelmäßige Sichtprüfung der Bremsklötze überflüssig: Ein im Bremsbelag eingelassener elektrischer Kontakt schloß bei Erreichen der zulässigen Abnutzungsgrenze den Stromkreis zur entsprechenden Kontrolleuchte. Die vorderen Bremszangen der Vierzylindermodelle waren nun an die der Sechszylinder angeglichen und verfügten über einen Kolbendurchmesser von 60 Millimeter. Dadurch konnten auch die vorderen Klötze vergrößert und im Verschleißvolumen um 35 Prozent erweitert werden. Die Feststellbremse wurde – wie bereits bei der »Strich-Acht« -Reihe – auf nicht unumstrittene Weise mit dem Fuß betätigt und per Hand gelöst. Allerdings hatte das Übersetzungsverhältnis des Feststellpedals eine Erweiterung zugunsten einer um 30 Prozent größeren Bremswirkung bei gleicher Pedalkraft erfahren. Der Entriegelungsknopf am Armaturenbrett löste die Arretierung aus Gründen der Aufprallsicherheit nicht mehr über eine starre Zugstange, sondern mit einer Kette.


Zum Modelljahr 1981 konnten auch die Modelle der Mittelklassereihe gegen den stolzen Mehrpreis von DM 2712 mit dem Antiblockiersystem ausgerüstet werden, das in Zusammenarbeit mit Bosch entwickelt worden war und 1978 in der S-Klasse W116 zum ersten Mal zum Einsatz kam. Aufgabe des ABS ist, den Stillstand der Räder während des Bremsvorganges zu verhindern, um das Fahrzeug kontrollierbar zu halten – rutschende Autos sind nicht lenkbar. Das ABS entstand aus dem Gedankengut des »Stotterbremsens« . An jedem Rad wird dabei durch einen Sensor die Drehzahl überwacht – sobald ein Blockieren einsetzt, wird die Bremse für Sekundenbruchteile gelöst, indem ein Computer den Druck im Bremssystem vermindert. Dieser Vorgang kann sich bis zu zehnmal pro Sekunde abspielen – das Fahrzeug bleibt beim Bremsen auch auf glattem Untergrund voll lenkbar, der Bremsweg wird beträchtlich verkürzt. Gewiß ist das ABS ein Beitrag zur Sicherheit im zunehmend verdichteten Straßenverkehr – kein Wunder, daß die Realisierung dieser komplexen Einrichtung fast zwanzig Jahre in Anspruch nahm und ihre Vollendung erst finden konnte, als das Elektronik-Zeitalter seinem Höhepunkt zustrebte.


Bezüglich der Kraftübertragung unterschieden sich die Familienangehörigen der Reihe W123 nur unwesentlich voneinander. Basisausstattung war bei allen Modellen ein Viergang-Synchrongetriebe mit Mittelschaltung. Bei den beiden dohc-Spitzenmodellen war auch der Rückwärtsgang synchronisiert – die Zwangspause zwischen dem Auskuppeln und dem Einlegen des Reversiergangs konnte bei normaler Leerlaufdrehzahl entfallen. Bei diesen Typen waren auch die Zahnräder des zweiten bis vierten Gangs durch Präzisionsschleifen aufwendiger bearbeitet worden, um auch bei hohen Geschwindigkeiten noch mehr Laufruhe zu gewährleisten. Weiterhin legte man beim 280 und 280 E die Antriebsübersetzung länger aus als beim Rest der Baureihe, was ebenfalls der Senkung des Geräuschpegels diente. Auf Wunsch war natürlich für alle Hundertdreiundzwanziger die Viergangautomatik der Ausführung W48025 mit Drehmomentwandler lieferbar – Aufpreis zunächst rund 1600 Mark. Der Wählhebel befand sich dabei in der Regel auf der Mittelkonsole und war aus Sicherheitsgründen teleskopartig zusammenschiebbar konzipiert. Wahlweise war auch ohne Mehrkosten die Anordnung des Wählhebels an der Lenksäule möglich (Lenkradautomatik). Obwohl bei den »Strich-Acht« -Sechszylindern W114 fast über die gesamte Bauzeit hinweg ein Fünfganggetriebe erhältlich war, wurde dieses Extra für den W123 zunächst nicht vorgesehen. Erst zum Modelljahr 1981 bot man für alle Modelle ein von Getrag in Ludwigsburg gefertigtes Fünfganggetriebe mit Overdrive-Charakteristik zum Mehrpreis von rund 1000 Mark an, das weniger auf den sportlichen als auf den energiebewußten Fahrer zielte – Bestandteil des Mercedes-Benz-Energiekonzepts.


Eine deutlich verbesserte Servicefreundlichkeit war der Baureihe W123 ins Lastenheft geschrieben worden: Bei allen Motortypen wurde nun der Ölwechsel von oben möglich. Zum Absaugen dient dabei das modifizierte Führungsrohr des Peilstabs. Nach positiven Erfahrungen mit der Verschleißresistenz bei allen Modellen konnten ab 1979 die Wartungsintervalle verlängert werden – bei den Benzinern auf 20.000 Kilometer, bei den Dieseln auf 15.000 Kilometer. Ein zentraler Prüfanschluß, den alle Ottomotoren aufwiesen, erleichterte den Service erheblich. Mit diesem Mehrfachstecker, zwei Meßwertgebern an der Schwungscheibe (OT-Geber) und an der Kerze (Trigger-Impulsgeber) sowie einem Digital-Prüfgerät wurde der Arbeitsaufwand der Drehzahl-Schließwinkel- und Zündzeitpunktkontrolle auf ein Minimum reduziert und die Meßgenauigkeit deutlich gesteigert. Die Diesel und der Sechszylinder-Vergasermotor des 250 erhielten neuentwickelte Ferroplastic-Kopfdichtungen, die ein Nachziehen der Kopfschrauben beim ersten Wartungsdienst überflüssig machten. Ein einmaliges Nachjustieren nach dem Motorprobelauf im Werk genügte. Bei den Dieselmotoren kamen neue Ölfilter zum Einsatz: Während bislang nur das Nebenstromfilter ausgetauscht und das Hauptstromfilter gereinigt wurde, waren nunmehr beide Filter in einer gemeinsamen Patrone verbaut, die von oben her zu wechseln war. Auch der Kraftstoffilter war bei den Dieseln nun eine Wegwerfpatrone. Der Senkung der Betriebskosten kam ohne Zweifel auch der für alle Modelle neuentwickelten Auspuffanlage zugute, die im Vergleich zu den Vorgängertypen für die doppelte Lebensdauer konzipiert war. Die Enden der Auspuffrohre waren bei allen Modellen in einem Winkel von 30 Grad zur Fahrbahn geneigt, um die Verschmutzung des Hecks durch Abgasrückstände zu vermeiden.
Wie bei den /8-Modellen konnte die Fahrwerksabstimmung beim W123 mit dem Attribut »ausgewogen« am besten charakterisiert werden. Das Bewältigen hoher Kurvengeschwindigkeiten erforderte keinen Künstler am Volant. Beim Erreichen des Grenzbereichs wurde eine kaum merkliche Neigung zum Untersteuern spürbar. Selbst in schnell gefahrenen Kurven war das Heck allenfalls bei sehr schlüpfriger Fahrbahn oder provozierter Lastwechselreaktion zum Ausbrechen zu bewegen. Der einmal mehr in hohem Maße geglückte Kompromiß zwischen optimaler Fahrsicherheit und hervorragendem Fahrkomfort – man ist in dieser Hinsicht von Mercedes-Benz-Produkten ja von jeher verwöhnt – ergab erstklassige Federungseigenschaften. Straßenunebenheiten jeglicher in der Alltagspraxis erscheinenden Form und Größe wurden erstaunlich gut weggesteckt – dabei erwies sich aber die Dämpfung als straff genug, um einem Nachschwingen des Aufbaus entgegenzuwirken. Dröhngeräusche waren ohnehin schon längst eliminiert, seit man die Fahrwerke gürtelreifengerecht konzipierte, und gegen Windgeräusche ging man im Windkanal vehement vor – im Laufe der Produktionsdauer waren hier Erfolge durch kleine aerodynamische Kniffe festzustellen.


Noch ein Wort zu den vieldiskutierten Mercedes-Wintereigenschaften: Wie die meisten seiner Kollegen mit Standardantrieb bot auch der W123 von Haus aus nicht die besten Voraussetzungen für gute Traktion auf winterlicher Fahrbahn – besonders galt dies für die kopflastigeren Fünf- und Sechszylinder. Die relativ geringe Belastung der Antriebsräder bedingte eben die Montage von M&S-Reifen und Ballastzuladung im Kofferraum. Mit diesen Hilfsmitteln können auch die heckgetriebenen Untertürkheimer selbst bei glattem Untergrund ihr Potential an Fahrsicherheit ausspielen und zeigen sich dann auch mit Durchschnittsfahrern hinter dem Lenkrad traditionell gut wintertauglichen Fronttrieblern als quasi ebenbürtig.


Der problemlose Betrieb, die ausgereifte, für hohe Zuverlässigkeit bürgende Konstruktion und die – im Vergleich zu den Vorgängern – vorbildhafte Rostimmunität ließen die Baureihe W123 zum Mercedes-Erfolgsmodell Nummer Eins werden. Von sämtlichen Limousinen-Varianten wurden 2,4 Millionen Einheiten abgesetzt – ein neuer Produktionsrekord. Im Jahre 1982 konnte sich diese Typenfamilie in der bundesdeutschen Zulassungsstatistik den zweiten Platz hinter dem Volkswagen Golf erobern. Auch im folgenden Jahr waren die Mittelklasse-Mercedes immerhin noch auf Rang drei plaziert.

 

Die Dieselmodelle

Die von der /8-Reihe her bekannte Diesel-Palette war, zumal sie stetig steigende Verkaufszahlen aufwies, in ihrer vollen Breite auch in der Baureihe W123 zu finden, wobei sich technische Änderungen in Grenzen hielten. Da die Dieselmotoren im Laufe der Jahre leistungsmäßig arg ins Hintertreffen geraten waren, taten PS-Spritzen not. Im Februar 1979 erfuhren 200 D und 240 D Leistungssteigerungen – der Zweiliter von 55 PS (40 kW) auf 60 PS (44 kW), der 240 D von 65 PS (48 kW) auf 72 PS (53 kW). Durch diese Maßnahme wurde der bis dato erhältliche 60 PS starke 220 D überflüssig und im März 1979 aus dem Programm genommen. Im September 1979 erhielt auch der 300 D acht PS mehr, die durch einige Modifikationen an der Einspritzpumpe erreicht wurden.


Neben den Wartungsvereinfachungen durch geänderte Filter nahmen die Diesel auch an den technischen Verbesserungen der gesamten Modellreihe teil. So erhielten sie geräuschärmere und wirkungsvollere fünfflügelige Lüfter. 240D und 300D wurden mit gewichtssparenden Leichtmetall-Ölkühlern ausgerüstet. Beide Typen bekamen ein in den Ölfilter integriertes, thermostatisch gesteuertes Ventil, das den Fluß zum Ölkühler temperatur- statt druckabhängig regelte und zu kürzeren Anwärmzeiten beitrug. Als Fortschritt wurde die im September 1977 vollzogene Zündschlüsselanlassung des 240D gewertet: Der Anlaßvorgang einschließlich des Vorglühens wurde – wie bereits beim Dreiliter-Diesel – jetzt mit einer Hand mit dem Zündschlüssel vorgenommen. Der 200D zog im Februar 1979 nach.


Ab August 1977 gab es auch vom 240 D und vom 300 D – parallel zum 250 – Limousinen und teilkarossierte Fahrgestelle für Sonderaufbauten, jeweils mit verlängertem Radstand. Der 240 D wurde auch als Normalchassis – vorzugsweise für Krankenwagenkarosserien – geliefert. Der Ambulanzenmarkt in Mitteleuropa wurde von Fahrzeugen auf Mercedes-Benz-Basis ebenso beherrscht wie bislang die Taxi‑Szene. Führende Hersteller für derartige Aufbauten sind Miesen und Binz in Deutschland und Visser in den Niederlanden.


Die Mercedes-Diesel hatten kaum mit Flauten zu kämpfen und stellten knapp die Hälfte aller produzierten Wagen der Baureihe W123. Mit Abstand erfolgreichstes Modell war der 240 D, der eine durchschnittliche Jahresfertigung von 70.000 Wagen aufwies. Ein 240 D war es auch, der im April 1982 als einmillionster W123-Diesel mit Blumen gefeiert vom Band lief. Vom 200D und 300D wurden jährlich etwa 50.000 Exemplare gebaut. Vom 220 D hatten während seiner kurzen Lebensspanne 56.736 Wagen das Werk verlassen. Die übrigen D-Typen hatten neue Produktionsrekorde eingefahren: Bis zum Ende ihrer Bauzeit waren 378.138 200 D, 454.780 240 D und 331.999 300 D entstanden. Die W123-Diesel blieben nicht zuletzt wegen des nordamerikanischen Markts, auf dem sie sich – allerdings mit eingeschränkter Typenvielfalt – ungeheuerer Popularität erfreuten, wo aber die Typprüfung nach DOT und EPA ein langwieriges Unterfangen darstellt, noch ein Dreivierteljahr nach Vorstellung der Baureihe W124 mit ihren neuentwickelten Ölmotoren in Produktion.


Ein Spezialmodell für den US-Markt stellte der zum Modelljahr 1982 erschienene 300D Turbodiesel dar – eine 300 D-Limousine mit dem aufgeladenen Fünfzylinder-Diesel, der in Europa nur in den T-Limousinen (sprich Kombis) erhältlich war. Dieses 123-PS-Aggregat mit einem Abgas-Turbolader des amerikanischen Herstellers Garrett AiResearch verhalf dem Exporttyp zu Fahrleistungen, die in der Relation zur 55-Meilen-Geschwindigkeitsbegrenzung des Ziellandes um so mehr als erstaunlich gelten konnten. Ab Modelljahr 1984 verkörperte der Turbo-Dreiliter die einzige für die Mercedes-Mittelklasse in US-Version vorgesehene Antriebsquelle. Schließlich war auch der Dieselmotor längst weltweit salonfähig geworden.